Seit Jahren sorgen Düsenjets und andere Militärmaschinen in der Sächsischen Schweiz für Ärger. In Bad Schandau nahmen jetzt Offiziere der Luftwaffe zu den Vorwürfen Stellung.
Ein Kampfjet, der mit großem Gedöns schätzungsweise 100 Meter hoch über die Dächer von Stadt Wehlen hinwegfegt. Eine dicke Propellermaschine, haarscharf über den Baumwipfeln des Polenztals. Ein Düsenflugzeug, knapp 200 Meter über dem Gamrig. Das sind nur drei dem Sandsteinblogger bekannte Fälle, die im vergangenen Jahr für Unmut und Beschwerden im Elbsandsteingebirge gesorgt haben. Anwohner klagen über Lärmbelästigung. Touristen fühlen sich im Urlaub gestört. Naturschützer machen sich Sorgen um brütende Vögel und andere Tiere. Meistens entzündet sich der Zorn an der Flughöhe.
Das Luftwaffenzentrum der Bundeswehr bekommt davon offenbar nicht viel mit. Im Jahr 2014 sollen bei der Kölner Zentrale nur elf Beschwerden aus der Sächsischen Schweiz eingegangen sein. Elf von insgesamt rund 8000 schriftlichen und 16000 mündlichen Unmutsbekundungen aus ganz Deutschland, die die Luftwaffe laut eigener Aussage jährlich zu bearbeiten hat. Erstaunlicherweise war der kleine Nebenschauplatz Sächsische Schweiz dem Militär dennoch wichtig genug, dass am Donnerstag drei hochrangige Luftwaffenoffiziere extra nach Bad Schandau reisten, um die in der Bevölkerung extrem unbeliebten Flugmanöver zu erklären und für Verständnis zu werben. Um den Termin hatte sich ein mehrfach Betroffener bemüht: Klaus Brähmig, Vize im Tourismusausschuss des Deutschen Bundestags. Der CDU-Politiker wohnt in der Sächsischen Schweiz, hat dort seinen Wahlkreis und ist als Chef des örtlichen Tourismusverbands direkt mit dem Ärger von Gastwirten und Einwohnern konfrontiert.
150 Meter sind erlaubt
Wie nicht anders zu erwarten, besteht aus Sicht der Bundeswehr wenig Grund zur Kritik. Um die Einsatz- und Kampfbereitschaft der Luftwaffe zu erhalten, muss geübt werden – dazu gehören auch Tiefflüge unter anspruchsvollen Geländebedingungen. Zu diesem Zweck steht der Truppe mit Ausnahme ziviler Flugkorridore fast der gesamte bundesdeutsche Luftraum zur Verfügung. Die Sächsische Schweiz macht da keine Ausnahme. Bei ihren Übungen ist die Bundeswehr an rechtliche Vorgaben gebunden. Für militärische Tiefflüge gilt als vorgeschriebene Mindesthöhe ein Abstand von 300 Metern zum Boden, in Ausnahmefällen sind auch 150 Meter zulässig. Dabei ist es egal, ob der jeweilige Bezugspunkt unter dem Rumpf des Flugzeugs gerade die Elbe oder das Gipfelplateau des Liliensteins ist. Heißt: Tiefflieger, die etwa auf Höhe der Bastei durchs Elbtal düsen, verletzen nicht automatisch die Vorschriften. Die Bestimmungen werden nach Aussage der Bundeswehr in aller Regel eingehalten. Bei rund 1500 Tiefflügen pro Jahr (im gesamten Bundesgebiet) liege die Zahl der nachgewiesenen Verstöße „im einstelligen Bereich“, sagt Oberst i.G. Joachim Vergin. Zudem sei die Zahl der Tiefflüge in Deutschland seit Mitte der 80er-Jahre stark rückläufig.
Was in der Region als zumutbar empfunden wird, steht auf einem anderen Blatt. In den letzten Jahren, so heißt es, habe das Problem ziviler und militärischer Tiefflüge in der Tat etwas nachgelassen. Als störend wird es dennoch empfunden. Für Schlagzeilen sorgte etwa der Fall einer Transall-Maschine, die vor fünf Jahren in äußerst geringer Höhe von mehreren Augenzeugen aus verschiedenen Perspektiven im Elbtal fotografiert wurde, u.a. knapp über Rathen und unterhalb(!) vom Lilienstein. Auf eine Presseanfrage nach der aufgezeichneten Flughöhe kam damals eine bemerkenswerte Antwort aus Köln: Für den betreffenden Zeitraum von genau 2,27 Minuten konnte die Maschine von der ansonsten lückenlosen Radarabdeckung nicht erfasst werden.
Nicht nur der Presse geht es so. Bürgermeister oder Behörden wie die Nationalparkverwaltung, die in der Vergangenheit Beschwerden über Tiefflieger nach Köln geleitet haben, bekamen in schöner Regelmäßigkeit vom Luftwaffenamt die Standard-Antwort, dass alles in Ordnung gewesen sei. Den Nationalpark zum Beispiel bringt das in erhebliche Erklärungsnöte, gab Behördenchef Dietrich Butter zu bedenken. Besuchern des Naturschutzgebiets könne man nur schwer vermitteln, dass sie Wegegebote und andere Beschränkungen beachten müssten, wenn am Himmel über der Sächsischen Schweiz scheinbar alles erlaubt sei. Den Eindruck, mit ihrer Kritik in Köln nicht ernstgenommen zu werden, hat auch die Sächsische-Schweiz-Initiative, die seit Jahren den Unmut aus Bergsport- und Wanderkreisen an die zuständigen Stellen kanalisiert. „Nach 13 Jahren spürt man da eine gewisse Ohnmacht“, sagt Naturschützer Peter Rölke. „Um was zu ändern, braucht es wohl andere Hebel.“
Den längeren hält auf absehbare Zeit die Bundeswehr in der Hand, die zum Ende des Treffens zumindest noch eine überraschende Einladung aussprach: Man sei bereit, bei relevanten Anliegen für bestimmte Gebiete örtlich und zeitlich begrenzte Überflugverbote zu prüfen, sagte Oberst Vergin. Große Kulturveranstaltungen könnten ein möglicher Grund sein. Oder auch gefährdete Vogelarten.
Die Luftwaffe hat ein Kontaktbüro für Bürgeranfragen und Beschwerden eingerichtet.
Telefon: 0800-8620730
E-Mail: FLIZ@bundeswehr.org
Ich glaube das ist ein typisches Henne-Ei-Problem. Man hätte zwar gern ne schlagkräftige und gut ausgebildete Armee, aber keiner will die Belästigungen durch die zwangsläufig notwendigen Übungen haben. Das ist allerdings kein spezifisches Problem der Sächsischen Schweiz.
Und wo zieht man die Grenzen für so Belastungen, dann auch logischerweise im zivilen Bereich? Ich war vor 4 oder 5 Jahren im Elbtal unterwegs, da wurden dort auch Rundflüge mit der guten alten Tante Ju gemacht. Wenn ich mir oben das Bild mit der Transall angucke, dann sah das mit der Ju kein bisschen anders aus. Ist sowas dann ok, weils ja historisch/touristisch und nicht militärisch ist?
LG Uwe
Ich denke, das Hauptproblem liegt hier in der ewigen Ungleichbehandlung: dem Wandersmann wird der Zutritt zu großen Teilen des Nationalparks verwehrt – aus Naturschutzgründen. Um seltene Vögel nicht zu stören… Und der Harvester oder der Tiefflieger? Die dürfen eben, weil sie gleicher sind als andere. Würde die Nationalparkverwaltung endlich mal ihre Politik des „Aussperrens“ aufgeben, dann könnte man solche Themen sicher auch gelassener behandeln.
Aber was die Bundewehr betrifft, da ist mir nicht bange. Denn wenn es dort so weiter geht, dann hat sie in fünf Jahren gar nicht mehr genug flugfähiges Material, um über den Nationalpark zu düsen.
Das Hauptproblem mit den Militärs, neben den überzogenen Rechten, die sie ohnehin schon haben, ist, dass sich die Piloten häufig nicht einmal an diese Grenzen halten. Und wenn man das kritisiert, bekommt man zu hören, dass das Radar just in dem Moment nicht funktioniert hat.
Dies ist, neben dem Schutz von Natur und Umwelt eine elementare Sicherheitsfrage!
Zwar haben wir keine Seilbahnen über dem Elbtal, deren Kabel ein Flugzeug kappen könnte, wie in den Alpen, aber es ist nur eine Frage der Zeit, dass ein solcher Flieger mal nicht mehr rechtzeitig die Kurve kriegt und mitsamt seinem über allen Normen stehenden Piloten in eine Felswand oder einen Hang kracht.
Wieso die Kunden in ihrem Verein die Narrenfreiheit haben, sich über sämtliche Vorschriften hinwegzusetzen und keine Konsequenzen befürchten zu müssen, kann ich nicht nachvollziehen.
Das Piloten der Bundeswehr Narrenfreiheit haben oder ähnliches ist definitiv nicht der Fall. Ein Verstoß gegen Flugbestimmungsrichtlinien wird ohne Umschweife geahndet.
Ich kenne einen Fall in dem ein Pilot über sein Haus flog (in entsprechender Höhe) um ein Foto zu schießen, dieser wurde disziplinar mit einer höheren Geldbuße geahndet da er „nur“ um ein Paar Grad von seiner geplanten Route abwich. Hierzu gab es nicht einmal Beschwerden sondern wurde systemseitig durch die Maschinenaufzeichnung erkannt.
Gestern Vormittag kam ein Militärhubschrauber nördlich der Bärfangwände in etwa Gipfelhöhe entlang, flog dicht ums Böse Horn und stieg dann (von den Lorenzsteinen aus gesehen, hinter diesem) wieder auf und flog zurück in westliche Richtung. Das Böse Horn ist ein alter Schwarzstorchbrutplatz…
Na Himmel und wo ist das Problem?