Ein perfekter Gipfel für den Beginn der Klettersaison: die Große Hunskirche am Papststein. Schnell zu erreichen, mit herrlichem Panoramablick und vielen empfehlenswerten Routen.
Text: Bernd Arnold
Die Zeitumstellung von der Winter- zur Sommerzeit bedeutet zwar weniger Schlaf, sie hat aber auch ihr Gutes: Nach getaner Arbeit ist noch Tageslicht übrig – ambitionierte Kletterer können nunmehr auch wochentags ihre Feierabendstunden wieder am Naturfels verbringen.
Als geeignetes Kletterziel für den Saisonstart im Frühjahr empfiehlt sich die Große Hunskirche am Papststein wie von selbst: Der Felsen ist ohne großen Anmarsch nach der Arbeit schnell zu erreichen, er lockt mit grob strukturierter Wandkletterei und besten Absicherungsmöglichkeiten, und auf dem Gipfel wird man obendrein mit einem großartigen Panoramablick belohnt! Das ist schon im ersten Kletterführer von Rudolf Fehrmann (1908) zu lesen: „Große und Kleine Hunskirche am Papststein. Zwei Felstürme an der Nordseite des Papststeines. Gute Fernsicht.“
Wie es zum Gipfelnamen kam
„Der Name Hunskirche, der mehrmals im Gebiet der Sächsischen Schweiz vorkommt, hat seinen Ursprung im Althochdeutschen: hun – hoch, kerk – Spitze. Der Name bezeichnet ein hochragendes Felsgebilde.“
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Kletterzugang GPX-Download
Hier könnt ihr euch mit einem Klick die Route zum Felsen direkt aufs Smartphone laden. Vor dem Download bitte eine Outdoor-App installieren, z.B. outdooractive oder komoot.
Zum ersten Mal in Berührung mit diesem Gipfel kam ich 1963, inzwischen war ich auch ich bereits Mitglied und stolzer Träger des Klubabzeichens von „HKV 38“ geworden. Das kam so: Damals erschien das erste Lehrbuch zum Sächsischen Felsklettern, verfasst von Kurt Bruno Richter (das Dietrich Hasse daran den größten Anteil hatte, war mir noch unbekannt). Kurt B. Richter wohnte in Waitzdorf, also ganz nah bei Hohnstein. In tiefster Bewunderung klingelte ich an seiner Tür. Der Kontakt erwies sich bald beiderseitig als stimmig. So auch mit seinem Jugendfreund Helmut Großer, den ich ebenfalls bewunderte. Trotz einer beschädigten Hand leistete er, von Begeisterung getragen, noch Großartiges am Fels. Umgehend wurde ich in ihren Kletterklub „Hunskirchler 38“ aufgenommen. Das war ganz in meinem Sinne: Als steter Träger von Kniebundhosen war ich damals überzeugt, auf dem Wege zum „richtigen Bergsteiger“ einen großen Schritt getan zu haben: Ich war Mitglied in einem ehrwürdigen Kletterklub mit Klubabzeichen! Es wurde eine kurze, aber sehr intensive Zeit. Im Herbst 1963, nach dem Tod (Absturz) von Helmut Großer, fehlte der sportliche Motor des Klubs und unsere Interessen verliefen sich in stufenweisen Abständen.
Immerhin hatte ich in dieser Zeit die Hunskirche lieb gewonnen und erfuhr auch die „Moritat“ vom Ende des großen Klemmblocks in der Scharte. Ein Klubfelsen sollte ja etwas Besonderes sein, also auch nicht von jedermann besteigbar. Bis 1951 erfüllte die Große Hunskirche diese Bedingung nicht. Über den Block in der Scharte gelangte man sehr leicht zum Plateau. Helmut Ebert (Kules), damals ein junges Mitglied, war bei den Grenzsoldasten im Zeughaus tätig und hatte auch Zugriff zu Sprengstoff. Fortan war der Weg zum Gipfel etwas erschwert (für Interessierte lassen sich die Reste noch zusammenfügen). Diese Aktion wirbelte damals viel Staub auf, doch „Sandalenträger“ kamen nicht mehr zum Gipfelbuch.
In meiner damaligen Bewunderung für Kurt B. Richter war es für mich selbstverständlich, seine Erstbegehungen, “Südkante“ und „Querweg“ zu wiederholen. In meiner Entwicklung zum „Jugendlichen Kampfbergsteiger“ kam bald die „Nordwand“, anspruchsvoll und athletisch, hinzu. Eine neue Aufgabe stellte sich im Herbst 1965, die Erstbegehung des „ Privatweges“ durch Herbert Richter – im darauffolgenden Jahr (1966) eine Herausforderung für alle „Schwerkletterer“.
Anfang der 70iger Jahre kamen auch meine Erstbegehungsbasteleien dazu. Mit Antrieb der noch jungen Liebe zu Christine (damals noch Ludwig) gelang mir bei einem Spontanversuch die „Westkante“ (28.4.1973). Dass ich Günter Lamm (mein zweites „ich“) damals ausklammerte, kam verständlicherweise nicht gut an. Ein Grund für mich, mein zukünftiges Handeln zu überdenken. An der markanten Nordwestkante (ursprünglich ein Projekt von Horst Umlauft) mussten wir uns über ein Jahr wiederholt versuchen. Am 29.4.1973, selbstverständlich mit Günter, war es geschafft. So ist das mit den Befindlichkeiten…
Inzwischen hat sich das Routennetz an allen steilen Seiten verdichtet. Durch die vielen Möglichkeiten der natürlichen Absicherung (meist Sanduhren) sind eigentlich alle empfehlenswert.
Also, auf in die Sommerzeit!
Bernd
Fortsetzung folgt: 17. Mai 2019
*Quellen:
- Der Bergsteiger in der Sächs. Schweiz, Rudolf Fehrmann / Dresden 1908
- Die Namen unserer Klettergipfel, H. Pankotsch und D. Heinicke / SBB 2013
- Personen- und Klublexikon Sächs. Schweiz, Kerstin & Michael Schindler / SBB 2014
- Der Tourist Nr. 4/1966
- IG Klettergeschichte, Joachim Schindler
Bislang sind erschienen:
- Hartmannweg am Vorderen Gansfelsen >>> zum Beitrag
- Schusterweg am Talwächter >>> zum Beitrag
- Weinertwand am Vexierturm >>> zum Beitrag
- Große Hunskirche
Große Hunskirche
Südkante (V)
Kurt B. Richter, R. Dick, M. Drechsler, 25.8.1948
Vom Fuße der Scharte (Sanduhr) über Überhang an stumpfer Kante (Sanduhren) zu großer Terrasse (Sanduhr). Am Gipfelaufbau in der Südostseite z.G.
Bernd Arnold: Die „Südkante“ vermittelt den passenden Saisoneinstieg am Naturfels und kann somit eine Empfehlung für Hallenkletterer sein. Übrigens, der „Dreifreudeweg“ (Südwand), markante Riss-Linie in Wandmitte ist fast ebenbürtig.
Nordwand (VIIc)
Walter Barth, E. Aßmann und Gefährten, 19.9.1926.
Dicht links der Nordwestecke (unterst.) Wand, erst links dann rechts haltend (mehrere Sanduhren) zu Band (Ring). (Unterst.) Wand erst gerade (Sanduhren) später rechts queren und beginnenden Riss zu Terrasse, beliebig z.G.
Bernd Arnold: Großartig mit bester Sicherung, nur bei den Einstiegsmetern ist Ernsthaftigkeit geboten, – Knotenbandschlinge am ersten Loch nicht übersehen!
Privatweg (VIIIb)
Herbert Richter, Wolfgang Kirschner, 04.10.1965
Rechts in der Nordwestseite Wand Sanduhr) an 2 Ringen vorbei zu Band, Wand leicht links (Sanduhren) zur Platte des „Querweges“, diesen weiter z.G. (Heute meist mit „Top-Ausstieg“, stumpfe Kante (Ring) zur Terrasse).
Bernd Arnold: Sein Hinweis zur Größe des Kletterers war natürlich für alle Angesprochenen eine besondere Herausforderung. Ausgerechnet Karl Richter aus Pfaffendorf, klein von Wuchs, aber kräftig und unerschrocken, gelang die 2. Begehung (Foto / Rudi Seifert). In dieser Folge konnte ich mich mit Peter Kohbach als 7. Begehung (23.7.1966) einreihen. Für die erworbene Athletik in der Halle, ein wirklicher Prüfstein!
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