Peter Hähnel darf nicht mehr ins Elbsandsteingebirge. Nicht, weil er fast 80 ist – sondern wegen Corona. Daheim hält er sich fit für die Zeit nach der Krise. Und bewahrt sich seinen Humor.
Von seinem Kletterkeller musste sich Peter Hähnel (79) zwar vor zwei Jahren verabschieden. Er hat die Trainingsgriffe aus Kunstharz von den Regalen und Schrankwänden abgeschraubt und sie einem Freund vermacht. Prostata-OP, Herzgeschichten. Der Keller ging nicht mehr, sagt der Rentner. Hähnel fährt aber sowieso lieber raus – ins Elbsandsteingebirge. Nun darf er nicht mehr, wegen Corona. Also trainiert er weiter daheim in der Wohnung und schreibt derweil ein neues Buch. Schon bald soll es erscheinen: Klettern bis der Arzt kommt.
Peter, ins Elbsandsteingebirge darfst Du zurzeit nicht. Wie geht´s Dir damit?
Im Prinzip fühlt sich das wie Stubenarrest an. Ich geh halt jeden Tag eine halbe Stunde spazieren, so zwei bis drei Kilometer etwa, das ist es dann auch schon. Ich würde gerne in die Berge fahren, aber zurzeit geht das ja nicht, weil der Innenminister Klettern und Wandern in der Sächsischen Schweiz für die Dresdner ausgeschlossen hat.
Du bist fast 80 – aber einer, der die Finger nicht vom Fels lassen kann.
Ja, ich klettere noch. Der Arzt hat zwar viele Vorbehalte, aber mit dem Seil von oben gesichert darf ich noch klettern und da geht es auch bis zum sechsten Grad noch recht gut. Nur, zurzeit ist mein Lieblingsklettergebiet Raiza und Tissa in Böhmen wegen der Corona-Krise gesperrt. Und wer weiß, wann die Grenzen wieder offen sind. Also werde ich wohl vorwiegend ins Bielatal fahren, sobald ich wieder darf.
Ärgert Dich das, oder findest Du die Beschränkungen angemessen?
Naja, was soll ich dazu sagen. Vielleicht sind sie notwendig, vielleicht nicht. Es gibt ja Positionspapiere von Wissenschaftlern, die sie in Frage stellen. Aber da blickt man als Otto-Normalbürger nicht durch. Ich finde aber, was das Klettern betrifft, könnte man doch auch allein rausfahren und vernünftigen Abstand zu anderen halten. Oder eben mit einer zweiten Person aus dem gleichen Haushalt. Den Handschlag zum Gipfelgruß könnte man ja vermeiden. Ich hoffe, dass der Staat seine Kompetenzen in der Krise nicht zu sehr überzieht und bald wieder Normalität herrscht.
Klettern bis der Arzt kommt
Peter Hähnel ist ein hoffnungsloser Fall: Der Rentner hat Bergsucht im weit fortgeschrittenen Stadium. Wenn er mal nicht in die Sächsische Schweiz kann, turnt Hähnel daheim sogar an Regalen und Schränken herum. Oder an der Friedhofsmauer. Und schreibt Geschichten darüber, die vor schwarzem Humor nur so sprühen. Portrait eines Kletterverrückten >>> zum Beitrag
Es gab mal einen Peter, der daheim im Keller an Regalen und Schrankwänden rumgeturnt ist, wenn er nicht in die Sächsische Schweiz konnte. Das ist fünf Jahre her…
Den Keller hab ich inzwischen umgebaut und alle Griffe einem Freund vermacht. Vor ein paar Jahren musste ich eine Prostata-OP über mich ergehen lassen, mit anschließender Bestrahlungstherapie und zig Kuraufenthalten. Und dann hat auch noch mein Herz die Grätsche gemacht, die Pumpleistung war auf 40 Prozent gesunken. Nach einer sogenannten Kathederablation darf ich nun aber wieder klettern – zumindest leichte Genussklettereien. Mein Arzt hatte offensichtlich Ahnung vom Klettern, er hat wohl auch meine Bücher gelesen. Nur Risse hat er mir verboten.
Ausgerechnet Deine Lieblingswege…
Ja genau, ich soll halt leichte Sachen machen. Talwächter-Ostkante oder so… (Schwierigkeit VI, A.d.Red.)
Dann könntest Du Dir nun ja eigentlich auch wieder Griffe in den Keller schrauben.
(lacht) Ja, das alles abzubauen war vielleicht eine Kurzschlusshandlung.
Wie hältst Du Dich stattdessen fit?
Ich trainiere zum Beispiel mit Zugbändern und Hanteln. Außerdem hab ich eine Klimmzugstange über der Schlafstubentür. Wenn man schon in der Schlafstube nichts mehr leistet, dann wenigstens an der Klimmzugstange…
Peter Hähnel, wie man ihn kennt… Du schreibst auch wieder ein Buch.
Klettern bis der Arzt kommt. 250 Seiten mit neuen Geschichten, im Augenblick ist es gerade bei meiner Lektorin. Auf die Idee für den Titel hast Du mich damals gebracht, bei unserem letzten Treffen vor fünf Jahren. (>>> zum Beitrag) Ich finde, er passt zu mir. Ich bin wirklich mein ganzes Leben lang geklettert, bis mein Arzt mir gesagt hat: Stopp, Sportsfreund, jetzt ist Schluss damit!
Wann erscheint Dein neues Buch?
Auf alle Fälle noch in diesem Jahr. Infos gibt´s rechtzeitig im Internet. (>>> Peters Bücher)
Gespräch: Hartmut Landgraf
Kommentar hinterlassen