Wer gerne im Zelt schläft, muss hierzulande in aller Regel auf einen Campingplatz. Wildcampen ist in Deutschland verboten. Zwei Dresdner haben jetzt eine pfiffige Idee, wie sich das umgehen ließe.
Das Zelt aufschlagen, wo man den Rucksack absetzt. Irgendwo draußen, wo die Sterne am schönsten sind. Ohne Ärger zu riskieren – und ohne einen Cent dafür zu bezahlen. In Deutschland ist das ein Problem. Wildcampen ist hierzulande verboten und kann schlimmstenfalls sogar mit einer saftigen Geldstrafe belegt werden. Doch genau dafür wollen zwei junge Dresdner jetzt eine Lösung anbieten.
Ein Stück Freiheit zurückerobern für Leute, die am liebsten individuell unterwegs sind und alles Nötige selbst dabei haben. Das ist die Idee, die Anne-Sophie Hußler (27, freiberufliche Illustratorin) und Patrick Pirl (29, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachrichtung BWL) verwirklichen wollen. Und im Grunde ist die Sache ganz einfach: Die schöne neue Welt heißt 1NITE TENT und besteht lediglich aus einer Online-Plattform und netten Menschen.
Was dahinter steckt, könnte man am ehesten mit Couchsurfing vergleichen. Allerdings nicht drinnen sondern draußen – mit Zelt. Das funktioniert so: Leute, die ein Grundstück besitzen, bieten Wanderern, Backpackern, Radlern und Trampern übers Internet einen kostenlosen Platz zum Übernachten an – sei es im Wald, auf einer Wiese, auf dem Hof oder im Garten. Im Gegenzug gibt´s nette Gesellschaft mit interessanten Leuten aus aller Welt. Ansporn ist die Freude am Teilen. Share-Economy sagen Anne und Patrick dazu. 1NITE TENT besteht im Wesentlichen aus einer interaktiven Karte nach dem Google-Maps-Prinzip, in der freie Plätze zum Draußen-Schlafen eingetragen und von anderen gefunden werden können.
Soweit die Idee. Sie in die Tat umzusetzen, ist Phase zwei des Projekts – momentan versuchen die Initiatoren zunächst die Finanzierung sicherzustellen. Einen werbetreibenden Partner oder Business-Angel für ihr Konzept zu gewinnen, kam für die Gründer von 1NITE TENT nicht in Betracht. „Wir wollen nicht, dass ökonomische Interessen hinter diesem Projekt stehen“, sagt Patrick. Die Dresdner versuchen deshalb, über eine Crowdfunding-Plattform Spenden für ihre Pläne zu sammeln, um den Aufwand an Zeit und Arbeit auszugleichen, den die Programmierung und Pflege einer solchen Plattform erfordern würde. Die Kampagne geht in die letzte Woche – doch im Topf ist noch viel Luft nach oben. Anne und Patrick lassen sich nicht entmutigen: „Wir hoffen auf einen Last-Minute-Effekt“, sagt Patrick. „Über einen Plan B denken wir noch nicht nach.“ Die beiden haben bei YouTube ein selbstgedrehtes Promotion-Video hochgeladen, in ihrem Umfeld Flyer verteilt, eine Website und eine Fanpage bei Facebook ins Leben gerufen und laut eigener Aussage rund 500 E-Mails in alle Himmelsrichtungen verschickt, um ihr Projekt öffentlich bekannt zu machen: an Blogger und Zeitungen, Umweltinitiativen und Outdoorfirmen.
Ganz am Anfang der Pläne von Anne-Sophie und Patrick stand übrigens ein Schweden-Urlaub. In den skandinavischen Ländern gilt das sogenannte Allmansrätten (Jedermannsrecht), das unter bestimmten Voraussetzungen das Draußen-Übernachten auf öffentlichem und privatem Land erlaubt. Die beiden Dresdner haben davon gern Gebrauch gemacht. Auch daheim in Sachsen wären sie am liebsten viel öfter mit dem Zelt in der Natur unterwegs. „Denn was gibt es Schöneres, als früh irgendwo auf einer Wiese zwischen Bäumen aufzuwachen“, sagt Patrick. 1NITE TENT könnte ein Schritt in diese Richtung sein.
Kommentar des Sandsteinbloggers zum Projekt:
1NITE TENT ist eine schicke Idee, um Backpackern, Low-Budget-Reisenden und Outdoor-Freunden draußen zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten zu verschaffen, Leute zusammen zu bringen – und die Natur mit einem Stück „skandinavischer Freizügigkeit“ zu erleben. In der Sache steckt Potenzial! Dagegen sprechen könnten z.B. Naturschutzbelange, Fragen der Müll- und Abwasserentsorgung oder das Problem, dass nicht jeder „Naturfreund“ den Grundsatz beherzigt: Nimm nichts mit außer Fotos, lass nichts zurück außer Fußspuren.
Die Finanzierung ist eine offene Baustelle, eine Online-Plattform erfordert Moderation und verlässliche Pflege, viel Arbeit – ein gewisses Maß an Kommerzialisierung scheint fast unabdingbar. Knackpunkt ist aber letztlich nicht das Geld, sondern die Frage, ob sich genügend Leute für ein solches Vorhaben begeistern lassen. Anders als beim Couchsurfing, das besonders aus dem Umfeld junger und studentischer Wohngemeinschaften viel Unterstützung erfährt, ist 1NITE TENT auf Mitstreiter aus anderen Generations- und Lebenskreisen angewiesen: Haus- und Grundstücksbesitzer, zumeist beruflich wohlsituierte Leute mittleren Alters mit oder ohne Familie, die bereit sind, ein Stück ihres Eigentums für die Allgemeinheit zu öffnen. Sollte man vielleicht erstmal im lokalen Umfeld testen.
Euch gefällt die Idee?
Noch bis zum 27. April könnt ihr das Projekt von Anne-Sophie und Patrick auf der Crowdfunding-Plattform startnext.com mit euren Spenden unterstützen >>> www.startnext.com/1nitetent
Alle Neuigkeiten zum Fortgang des Projekts erfahrt ihr auf der Facebookseite von 1NITE TENT >>> www.facebook.com/1nitetent
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