Viele ärgern sich drüber, andere gehen achtlos daran vorbei: Die Sächsische Schweiz hat ein Müllproblem. Der Nationalpark wirbt jetzt mit einer Sammelaktion für mehr Verantwortung gegenüber der Natur – am 24. September. Ein Kommentar.
Manche Bilder behält man ewig im Kopf. Wie jenen Sonnenaufgang im Frühjahr, in einer der schönsten Boofen der Sächsischen Schweiz. Ich war mit einem dampfenden Pott Kaffee in der Hand und meiner Kamera ein Stück auf dem Felsband nach vorn gelaufen, um einen besseren Fotostandpunkt zu finden – und plötzlich lag er vor mir: Mitten im Bild in seiner unbeschreiblichen Vollkommenheit. Hingesetzt wie ein lachender Buddha auf einem weißen Gebetsteppich aus Papier, hoch über einem romantischen Tal, durch das geheimnisvolle Nebel zogen, von der Morgensonne angeleuchtet und gewärmt – ein großer, brauner Haufen. Ich kann es nicht anders sagen: Es war ein echter Hingucker!
Ich weiß noch, wie ich damals in grimmiger Verzweiflung anfing zu lachen – man konnte ja dem Verursacher ein gewisses Bauchgefühl für die Schönheit der Landschaft nicht absprechen. Der Nationalparkverwaltung ist allerdings schon lange nicht mehr zum Lachen zumute. Denn die Sächsische Schweiz hat seit Jahren hartnäckigen Ärger mit solchen Hinterlassenschaften, und die sogenannte „Eutrophierung“ ist dabei nur die unappetitliche Spitze des Problembergs. In den Wäldern rechts und links der Elbe landet alles Mögliche im Gebüsch – vom Tempotaschentuch über Fastfood-Verpackungen bis zu ganzen Anhängerladungen voll Sperrmüll. Vor Kurzem erst musste die Nationalparkwacht an der Zufahrt zur Wildwiese ein Depot mit 24 Altreifen beseitigen. 2015 hat die Bad Schandauer Naturschutzbehörde das Gesamtvolumen des Mülls sogar mal ausgerechnet – in dem Jahr kamen laut Nationalparksprecher Hanspeter Mayr 16 Tonnen zusammen. Nicht alles, was klammheimlich oder achtlos in die Natur geworfen wird, fällt derart schwer ins Gewicht wie Reifen – aber ich finde besonders die „Kleinigkeiten“ traurig, die an Wanderwegen oder unterhalb bekannter Panoramapunkte wie der Schrammstein- oder Kuhstallaussicht landen. Denn das waren Leute, die der Landschaft wegen ins Elbsandsteingebirge kommen.
Die Nationalparkverwaltung greift jetzt zu einem Mittel, das in der Sächsischen Schweiz Langezeit Tradition hatte, zuletzt aber mangels Teilnahme einschlief: die Aktion Sauberes Gebirge. Nun wird das gemeinschaftliche Großreinemachen wiederbelebt – nur unter anderem Namen: Am 24. September startet der erste Sandsteinputzertag. Die Idee ist so einfach wie naheliegend: Die Aktion soll jene mobilisieren, die der Natur gerne etwas zurückgeben für die schönen Stunden, die sie dort erleben. Damit am Ende vielleicht auch die anderen nicht bloß zum Abenteuerkonsumieren ins Gebirge kommen. Sondern die Landschaft so hinterlassen, dass man sie hinterher noch genießen kann. Mit einem Pott Kaffee zum Sonnenaufgang. Und der Natur als einzigem – Hingucker.
Sandsteinputzertag, 24. September, 9 – 17 Uhr
Mülltüten werden u.a. an folgenden Punkten ausgegeben und wieder eingesammelt:
- Kirnitzschtal, Parkplätze Nasser Grund und Neumannmühle
- Rathen, Fähranleger
- Schmilka, Nationalpark-Infostelle
- Parkplatz am Papststein
- Bielatal, Parkplatz Ottomühle
Alle Infos: www.nationalpark-saechsische-schweiz.de
Gute Sache – warum der Tag allerdings auf den Wahltag gelegt wird, erschließt sich mir nicht. Kann jedenfalls an diesem Tag keinen Müll mit räumen, da als Wahlhelfer tätig.
Und was die Großmüllablagerungen betrifft – Sperren an den Waldzufahrten könnten da helfen. Aber dann kommt ja auch der Ranger mit seinem Kleinpanzer nicht mehr durch.
Die Sperren an den Waldzufahrten existieren doch an vielen Stellen. Müll liegt da trotzdem, wenn auch in kleineren Abmessungen (nicht Dimensionen).
Warum man das jetzt auf die Dienstfahrzeuge der Ranger beziehen muss, ist mir schleierhaft. Sollen die den ganzen Mist zu Fuß raustragen? Mal davon abgesehen, dass viele der Gebietsbetreuungsaufgaben zu Fuß erledigt werden.
Es wird über kurz oder lang auf eine einzige Sache hinauslaufen: Der Zugang zum Gebiet muss massiv begrenzt werden, wenn es sich tatsächlich einmal konzeptionsgemäß zum Wildnisgebiet entwickeln soll. Mit der derzeitigen Dichte an Wegen ist es selbt mit verantwortungsvollen Besuchern nicht möglich, mit dem Konsumtouristen (der nicht zwangsläufig von außerhalb kommen muss…) schon gar nicht! Im Bewusstsein der Naturnutzer wären einige Änderungen erforderlich, um das auszugleichen.
Fehlt der Weg, fehlt der Wanderer – fehlt der Müll.
Das mit dem Panzer war eine Spitze … aber warum überall mit dem Auto hin gefahren werden muss, erschließt sich mir nicht. Ich habe (vor ein paar Jahren inzwischen) mal gehört, dass die Ranger E-Bikes haben…
Und den Wanderer ganz ausschließen – was soll das? Natur nur um der Natur willen? Wer braucht sowas? Was bringt das? Das Elbsandsteingebirge ist nun mal Kulturland seit Jahrhunderten und Naherholungsgebiet für den Raum Dresden. Und die Tiere fühlen sich wohl kaum belästigt von Menschen, die relativ ruhig Ihrer Wanderung nachgehen. Sondern von Autolärm, Kettensägen und Jagdflinten.
Ja, dazu eine späte Antwort:
Zu den Auswirkungen von Wanderern auf Wildtiere gibt es sehr unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungen, knapp gesagt kann es eine pauschale Aussage dazu nicht geben (also auch nicht, dass sich Tier nicht durch Wanderer gestört fühlen würden).
Was mich allerdings traurig stimmt, ist die alte Frage nach dem Nutzen: Wer braucht das? Was bringt das?
Die Fragen hier umfassend zu beantworten ist in diesem Rahmen gar nicht möglich. Dem geneigten Leser mögen die Stichworte „Prozessschutz“ und „Totalreservat“ (oder „Nationalpark“ und „Ökologie“) zur eigenen Recherche nutzen.
Aber im Grunde ist der Wunsch schon geäußert worden – Naherholungsgebiet soll sie sein, unsere Sächsische Schweiz. Ich denke, dann bleibt sie immer auch Müllplatz. Nur, wer hat dann das Konzept Nationalpark nicht verstanden? Die Besucher oder die, die versuchen, irgendwie einen faulen Kompromiss auszuhandeln?
Und brauchen? Brauchen wir ein Naherholungsgebiet für Dresden, das die Dresdner gar nicht mehr ohne Auto erreichen? Ohne ihre unzähligen Plastikbeutel für alles mögliche? Ohne Flaschen, die im Walde stehen bleiben? Brauchen wir diese Leute?
Hier geht’s nicht um’s Brauchen; eine intakte Natur brauchen wir allerdings alle (die Guten wie die Bösen). Und die gibt’s in Naherholungsgebieten leider selten.
Hier hilft meiner Meinung nach nur, den Zugang zu einigen Teilen komplett zu unterbinden und die Besuchermengen insgesamt massiv zu drosseln.
Wer wirklich in die Natur will, der kommt schon hin. Und der trägt dann auch nicht Unmengen Müll mit sich herum. Aber ein bischen schwer muss es schon sein 😉